Elka
Synthex - Tribut to Mario Maggi
DER VATER , DER GEIST und DAS HERZ des SYNTHEX
(Reisebericht
aus Rom zwischen 1982 und 1985 by Templeton)
Was
kann man über einen mittlerweile 30jährigen Burschen
sagen, der mager ist, sehr mager, so mager, dass er sich Steine
in der Jackentasche hielt um nicht vom Wind verweht zu werden.
Mit seinen langen Haaren, der Blick wach und stets aufmerksam,
mit seinen schwarzen Augen die immer in Bewegung waren und
denen nichts entging. Mit einem immerwährendem Lächeln
das einen mit Freude erfüllte. Mit seinem etwas gebeugtem
Gang, den er oft unterbrach um sich auf kleinen Zetteln Notizen
zu machen (Projekte - Entwürfe - etc). All das eingehüllt
in seine römische Umgangssprache, die mir oft unverständlich
vorkam, trotz meiner guten Italienischkenntnisse.
Nun gut, liebe Leute, Jungs, Neomusiker
und an Synthmania erkrankte, das ist der Vater des SYNTHEX,
Ing. Mario Maggi aus Rom.
Mario Maggi ließ bereits
erstmals 1970 von sich hören, als er seinen ersten monophonen
Synthesizer baute und zwar im Stil eines Arp Odyssey und eines
MiniMoog. Dieses Gerät funktioniert heute noch immer.
Musiker vom Schlag eines Enrico Olivieri, Roberto Turbitosi,
Mario Natali und andere haben ihn verwendet.
Dann kamen Gruppen wie Banco del
Mutuo Soccorso, Le Orme, sowie Gruppen des Pop Progressive
der 70er Jahre in Italien. Auch im Ausland wurde man auf ihn
aufmerksam. Leute wie Keith Emerson, Geoff Downes, Jean-Michel
Jarre, Stevie Wonder und andere zeigten ihr Interesse. Sie
begannen die Arbeit von Mario Maggi zu schätzen, während
der folgenden 15 Jahre, bis zum Beginn des großen Werkes
des DIGITALEN MODULAREN SYNTH, an dem auch ich die Ehre hatte
an der Grundsteinlegung mitzuwirken .
Eine
kleine technische Anmerkung. Der monophone SYNTH der 70er
den Mario Maggi entworfen hatte, war ein echtes Juwel an Stabilität.
Keine Spur von Kontaktproblemen wie beim Arp Odyssey, und
er litt keinesfalls an chronischem Verstimmung des MiniMoog
bei den niedrigen Frequenzen.
Maggi's Mono-Synth war stabil, äußerst stabil,
und wen wundert es, dass Enrico Olivieri ihn noch 2003 in
einem seiner Konzerte verwendete.
Mario Maggi hatte seine eigene
persönliche Philosophie was seine ungewöhnliche
Art des Entwickelns betraf, darin war er einzigartig. Er war
allen anderen um mindestens 10 Jahre voraus. Schade nur, dass
die Elektronik-Industrie ihn bei seinen Forschungen nicht
entsprechend unterstützte.
Ich erinnere mich etwa noch sehr
gut an die Probleme bei der Beschaffung von besonderen IC's
AD-DA von Intersil und anderer Hersteller. Ich wusste, dass
Mario Maggi zum Glück bei seiner Suche von anderen jungen
hilfsbereiten Leuten unterstützt wurde, die zum Teil
unentgeltlich Teile zur Verfügung stellten.
Ich meinerseits, stellte alle mir
bekannten Lager von Bauteilen in England auf den Kopf, um
gewisse unauffindliche p/n von IC's auszuforschen!
Viele, die ihr in jenen Jahren noch an der Milchflasche gesaugt
haben, und heute dieses Instrument einsetzen, können
schwer nach vollziehen unter welch schwierigen Bedingungen
dieser großartige und gleichzeitig sehr bescheidene
Entwickler in Italien arbeiten musste. Kaum jemand kann sich
vorstellen wie schwierig es war einen Spnsor für ein
neues Projekt zu finden. Eigentlich hat sich Mario Maggi bei
seiner Arbeit im Alleingang selbstfinanziert und insbesondere
trifft dieser Umsatnd auch beim SYNTHEX zu. Abgesehen von
kleinen Hilfestellungen seitens der Freunde, wie kleine Zuwendungen,
logistische Unterstützung, Bereitstellung von Tonnen
an Mehlspeisen = Treibstoff für das Gehirn, Bereitstellung
von speziellen Bauteilen und vielem mehr.
Das alles war aber nur ein Tropfen
auf dem heißen Stein, im Vergleich zum Einsatz und der
Investition die dieser selbstloser Mensch aufbrachte um seine
Ideen zu verwirklichen.
Er
wurde von öffentlichen Einrichtungen so gut wie gar nicht
unterstützt. Später wurde er von den Firmen auch
nur ausgenutzt. Mario Maggi war, ist und wird es auch immer
sein, ein tüchtiger, bescheidener Mensch, der sich nichts
einbildet, gutherzig und großzügig allen gegenüber,
ein echter Idealist eben. Er ist ein Mann dem man getrost
seine Kreditkarte und seine Geldtasche anvertrauen kann, und
der einem keinen Cent davon nehmen wird.
Er arbeitete mit verschiedenen
Firmen aus dem Bereich der Elektronic-Musik (Crumar - Elka)
zusammen. Firmen die an ihm als technischen Berater ein großes
Glück hatten, aber wie alle gewinnorientierten Firmen
ihn als Person als Entwicklergeist nicht immer verstanden
haben und am Ende dann doch alles zerstörten.
Mario war und ist ein Freund, ein
Freund der Musiker, aller Musiker, auch jener die er nie kennengelernt
hat, aber die ihn und das von ihm gebaute Instrument schätzen.
Könnte man nur allen Synthex-Usern deutlich machen und
beschreiben, wie Mario Maggi arbeitete. Hätten sie doch
nur einmal wenigstens sein Labor gesehen, wo er stundenlang
den Debug der Programme machte, umprogrammierte, ständig
die Eproms des Synthex löschte um diesen und jenen Fehler
auszumerzen. Wenigstens einmal eine Nacht damit verbracht
zu haben, mit ihm vor den damals üblichen 14" grünem
Phosphor Monitor zu sitzen und die Augen zu überanstrengen.
Ich erinnere mich noch gerne an
damals als ich der Arbeit wegen nach Rom kam. Es war die Zeit
in der ich die Proben mit Maestro Federico Fellini zur Herstellung
der Filmmusik zu seinem Film "Die Stadt der Frauen"
beschäftigt war. Es sind schöne Erinnerungen an
eine schöne Zeit in Rom und an schöne Römerinnen!
Ich kam ins Labor von Mario gewöhnlich
am Nachmittag gegen 16.00 Uhr. Da er ein Nachtmensch war,
arbeitete er immer bis 3, 4 Uhr Nachts, und schlief dann am
nächsten Tag bis weit nach Mittag. Er stand (zur Verzweiflung
seiner Mutter) erst gegen 15 Uhr auf und zog sich sich sogleich
in seinen Labor-Bunker zurück.
Wenn ich zu ihm kam, bevor ich
ins Bunker-Lab eintrat, besorgte ich den notwendigen Nachtproviant
im Cafe um die Ecke, also Mehlspeisen und säckeweise
Süßes (Blutzuckerwerte stiegen auf 2.000.000 !!!!)
Danach schauten wir am Kiosk bei den Freunden vorbei, die
sich wunderten dass wir um diese Zeit im Studio arbeiteten.
Im Lokalkolorit klingt das so :
" a´ mario
stasera
te ne vo´ anna´ ancora dentro lo studio a lavora´
!!!??
Diese Äußerungen erwiderte
er immer mit einem Lächeln das auch den griesgrämigsten
Zeitgenossen aufheiterte. Sogar ein Offizier der strengen
Militärakademie von Potsdam, hätte beim Anblick
von Mario Maggi zu lachen begonnen.
Nun
gut, nach dem Verzehr beeindruckender Mengen an süßem
Zeug und ein paar Schritten zur Erleichterung der Verdauung,
traten wir ins BunkerLab ein. Bunker deswegen weil es in einem
Keller war, bestens eingerichtet, sauber und ordentlich im
Stil des Mario Maggi. In der Tat wusste ich nie, wo ich mich
hinsetzen sollte, denn überall riskierte ich, meine Hose
zu durchlöchern da überall und ständig Schaltkreise
verlegt und verloren wurden.
Die Atmosphäre war einzigartig
und ist nicht leicht zu beschreiben. Versucht einen Augenblick
zu Augen zu schließen und vorzustellen: Steigt 4 Stufen
in einen Keller hinunter, öffnet eine Metalltür
die mit einem Schlüssel verriegelt ist. Dieser Sclüssel
ist so schwer, dass er allein beim Hinschauen einen besonderen
Eindruck hinterläßt. Vielleicht ging Mario Maggi
deswegen gebeugt, denn der Schlüssel wog sicher 10 Kilogramm.
Nun stellt euch diesen Merlin,
Zauberer der Elektronik vor, wie er hinten im Raum auf einem
Drehstuhl sitzt, der bei jeder Bewegung ein entsetzliches
schrilles Metallgeräusch verursacht, welches jedes mal
ein Aufschrecken verursacht.
Dort war sein Reich inmitten von
Oszilloskopen, Monitoren, Prüfständen, die Luft
voller Ionen und herumirrenden Elektronen angereichert. Zu
meinem Glück war er kein Raucher. Aber trotzdem rauchte
es aus seinen Ohren heraus, so angestrengt war er bei der
Arbeit. Seine Hände bedienten im Flug die Tastaturen
von 2 Computern, an denen er gleichzeitig arbeitete. Zwischendurch
ging er löten, entlöten, mit dem Oszilloskop kontrollieren
und dem Funktionsgenerator. Dann wieder umprogrammarieren
am Eprom, löschen, wieder debug, und das ging so weiter
stundenlang.
Dabei entkam Mario Maggi niemals
ein Schimpfwort oder ähnliche Bemerkung. Er hatte eine
fast irreale Ruhe in sich. Er stellte für mich die verkörperte
Fröhlichkeit dar, vereint mit einer derart einzigarten
Fachkenntnis, dass er ruhig in jedem großen Forschungszentrum
oder Nasa hätte arbeiten können. Doch er bevorzugte
seine eigene Welt, die Welt der Musik.
Leider hat gerade diese von ihm
geschätzte Welt ihn kaum unterstützt, nur einige
wenige Gentlemen unter den Musikern. Heute würde er wenigstens
den Dank von vielen Seiten verdienen. Aber Mario Maggi hat
von diesel Welt keinen Dank geerntet. Wenn man ihn im Internet
sucht, wird man traurig feststellen, dass es nur gezählte
46 Hinweise insgesamt in allen Sprachen über ihn gibt,
(Stand Oktober 2004) die ihn außerdem nur oberflächlich
und telegraphisch anführen.
Ich
bin überzeugt, hätte Mario Maggi in Amerika gearbeitet,
wären seine Projekte wesentlich populärer geworden.
Ich will nicht sagen, dass er von niemandem unterstützt
wurde. Dennoch wurde er dies viel viel zu wenig. Jene die
freiwillig bei ihm mitarbeiteten, waren wie er, die letzten
wenigen Idealisten und werden als illustre Unbekannte in die
Geschichte eingehen .
Meine letzte Erinnerung an Mario
Maggi ist, als ich ihn zum letzten Mal sah (aus beruflichen
Gründen hatte ich keine Gelegenheit mehr nach Italien
zu kommen und ihn zu treffen ) und er mir sagte, dass er müde
wäre, aber trotzdem das Projekt DIGITAL MODULAR SYNTH
mit ganzer Kraft weiterbetreiben möchte.
Ich erinnere mich noch an seine
Augen, die Fröhlichkeit ausstrahlten, und an unsere letzte
übergroße süße Schlemmerei. In den vergangenen
Jahren habe ich versucht ihn ausfindig zu machen und ihn wieder
zu treffen, aber ohne Erfolg. Vielleicht ist er wirklich in
eine andere Welt arbeiten gegangen, wo er mehr Aufgeschlossenheit
für seine Ideen gefunden hat.
An
dieser Stelle möchte ich Robert Wittek für seine
exzellente Idee zur Verwirklichung der Website danken. Mario
Maggi würde sich freuen, wenn er die von Robert Wittek
so vollständig ausgearbeitete Beschreibung zum Synthex
lesen könnte. Leider spricht Mario Maggi kein Wort Deutsch.
Vielen Dank, Robert, dass du mir
die Gelegenheit geboten hast, diese Zeilen zur Ehre von Mario
Maggi zu verfassen.
Many Thanks Mr. Mario Maggi
Many Thanks to Mr. Robert Wittek
Templeton
|