Prophet
08
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Prophet
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Dave Smith hat es also wieder getan.
Er lässt seinen Propheten auferstehen um zu uns zu sprechen.
Dessen erhobene Stimme lässt aufhorchen. Klar, handelt
es sich doch um die Reinkarnation eines Klassikers. Kann der
08 den hohen Vorgaben seiner legendären Vorfahren gerecht
werden? Schließlich reiht sich das Instrument namhafter
Klassiker wie eines Prophet 5, 10, T8 oder VS ein.
Ausgepackt verwundert zunächst mal das kompakte Ausmaß
und das geringe Gewicht des in schwarzer Oberfläche und
edlen Holzseitenteilen gefertigten Instruments. Es wirkt im
Vergleich zu seinen analogen Urahnen leicht und klein. Wer
die tonnenschweren Altgeräte kennt, ist geneigt sich
die Frage zu stellen: "Was, das ist ein Prophet?"
An die Lautsprecher angeschlossen erhält man die Antwort
umgehend. Oha, alles klar - wunderbar.
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Prophet
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Dave Smith verzichtet auf Effektprozessoren und Delays welche
das Signal aufmotzen. Er gibt dem Keyboard das zurück,
auf welches Synthpuristen lange warten mussten. Das Konzept:
Druckvoller Analogsound kombiniert mit einer intuitiven Benutzeroberfläche.
Die 52 Drehregler schreien förmlich danach, gedreht zu
werden. Fast jeder Parameter besitzt so sein eigenes Potentiometer.
Die Kompaktheit hat jedoch auch ihren Preis. Modulationsrad
und Pitchwheel befinden sich nicht neben der Tastatur, so
wie man es üblicherweise gewohnt ist.
Die technischen Zutaten sind aus der subtraktiven Küche
durchaus bekannt. Zwei Oszillatoren, ein Rauschgenerator,
drei Hüllkurven, vier LFO's, resonanzfähiges Tiefbassfilter
und eine Menge an Modulationsmöglichkeiten erstellen
das Menü für den Klanggourmet. Die DCOs sind mit
den üblichen Wellenformen bestückt. Sägezahn,
Dreieck und Rechteck mit modulierbarer Pulsbreite, das ganze
auch noch synchronisierbar. Das Filter gibt es als 2- und
4 pol Ausführung. Der 4 Pol langt kräftiger zu und
kann bei der Selbstoszillation schon mal richtig quietschen.
Die drei Hüllkurven sind als DADSR Hüllkurven ausgeführt
und besitzen vor der Attack noch die Möglichkeit eine
Verzögerung vorzuschalten. Zwei der Hüllkurven sind
fix mit der Amplitude und dem Filter verbunden. Der Dritte
dient als Modulationsquelle. Eines vorweg - die Hüllkurven
sind schneller als es die Polizei erlaubt.
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Prophet
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Die einzelnen Stimmen lassen sich im Panorama verteilen,
so dass Bewegung ins Klangbild kommt. Wirklich Fett wird der
Synthesizer im Unisono Modus, wenn alle Stimmen und Oszillatoren
auf einen einzigen Tastendruck vereint werden. Dann herrscht
Erdbebengefahr. Split- und Layerfunktionen zum Stacken von
Klängen erweitern das Klangpotential. Wie es sich für
ein modernes Keyboard gehört, verarbeitet der Synthesizer
auch Anschlagdynamik und Aftertouch. All diese Zutaten sind
Ausgangsbasis für einen grundsoliden Klang.
Wirklich Spaß macht der Stepsequenzer. Mit ihm gelingen
im Nu abgefahrene Klangmodulationen. Hierzu kann man aus vier
Sequenzen unterschiedliche Modulationsziele auswählen.
Sie verhelfen zu einem quirlig, vitalen Sound. Nebenbei gibt
es noch einen Arpeggiator. Ein wahres Modulationsgewitter
lassen die vier LFOs los. Sie reichen bis in den Audiobereich
und ermöglichen schöne Frequenzmodulationen. Alle
timingabhängigen Vorgänge im Synthesizer lassen
sich per Midiclock synchronisieren.
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Bei aller Begeisterung sei doch auch die schlechte Verarbeitung
der Regler erwähnt. Ein Gerät dieser Klasse hat
sich solch wackeligen Potentiometer nicht verdient. Schön
jedoch ist der Umstand, dass diese als Endlosregler funktionieren.
Man holt den Parameter direkt beim drehen ohne Klangsprünge
ab. Die Eingabe des Reglerwertes wird im 2 x 16 Zeichen Display
angezeigt. Der Ursprungswert wird zusätzlich angezeigt,
so dass man stets eine Übersicht hat, wie weit man sich
mit dem Wert weg bewegt hat. Das ist praktisch.
Der 08er erhebt den Anspruch ein Instrument mit hohem Spaßfaktor
zu sein, und diesem wird er auch gerecht. Da ich im Besitz
sowohl eines Prophet 5 und 10 bin, kann ich bestätigen,
dass keines dieser Kultinstrumente so schnell den Funfaktor
befriedigen kann, wie es das jüngste Familienmitglied
tut. Die alten Geräte brauchen mehr "Zuneigung"
bis sie bereit sind im Studio mitzuspielen. Die Tonerzeugung
des 08 ist von der Grundkonzeption noch am ehesten mit dem
des Prophet T8 zu vergleichen. Eine heute kaum noch zu bekommende
Rarität. Beide haben einen klassen analogen Grundsound,
sind achtstimmig, dual spielbar und besitzen vor allem Anschlagdynamik.
Diese verleiht dem Keyboard eine größere Ausdruckskraft
und Dynamik. Gar nicht zu vergleichen ist Smiths Neuer jedoch
mit meinem Alltimefavorit, dem Prophet VS, der ja mit der
Vektorsynthese und den eingespeicherten Wellenformen eine
ganz andere Philosophie verfolgt.
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Prophet
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Das Hantieren am Instrument macht definitiv Spaß. Wer
ein wenig über den Aufbau von subtraktiven Synthese Bescheid
weiß, findet sich schnell zurecht. Das Gerät erklärt
sich von selbst. Sogar den Stepsequenzer kann man nach ein
paar Gewöhnungsminuten bedienen. Das Instrument konnte
ich jetzt ausführlich für Konzertvorbereitungen
und parallel laufende CD Aufnahmen testen und er war ohne
einen einzigen Blick in die Bedienungsanleitung kreativer
Ideenlieferant. Dass das Keyboard in Zeiten wie diesen ins
Midisetup integrierbar ist, muss an dieser Stelle wohl nicht
erwähnt werden. Einzig der Stop Befehl meines alten Cubase
Programms brachte den Synthesizer ein wenig aus der Bahn.
Etwas, das ich von anderen Synthesizern so nicht kenne. Fast
jegliches Anhalten einer Sequenz und Zurückspringen auf
einen Curserpunkt wurde mit einem aufgedrehten Modulationsrad
oder einer unendlichen Release Phase quittiert. (oder einer
Kombination aus beiden mit verschiedenen Modulationen) Vielleicht
ist dies nur ein Problem meines Sequenzers, aber ein wenig
bremsend für mich. Ein- und ausschalten des Prophet erledigte
das Problem.
Wie klingt er nun?
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Prophet
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Das Klangverhalten ist ausgesprochen warm. Schneidige Leads,
satte Bässe, butterweiche Flächen sind ein Kinderspiel
für den Probanden. Der Grundsound entspricht dem eines
leistungsfähigen Analogsynthesizers, wie es ein Prophet
eben sein soll. Seine wahre Stärke spielt der Synthesizer
jedoch durch die Modulationsmöglichkeiten aus. Aber Warnung!:
Wer auf der Suche nach Naturklänge wie Klavier, oder
Gitarre ist, sollte die Hände vom Prophet lassen.
Man muss kein Prophet sein, um Dave Smith zu bescheinigen,
ein schönes Instrument konstruiert zu haben. Der Prophet
08 ist sicher kein billiges Instrument und es ist müßig
im Zeitalter der DSPs über den Kostenfaktor eines echten
Analogsynthesizers zu diskutieren. Wer jedoch auf der Suche
nach der Klangästhetik der frühen Achtziger ist
und an den Unzulänglichkeiten sowie deren horrenden Secondhandpreise
der frühen Geräte einen Bogen machen möchte,
der bekommt mit dem Prophet 08 ein schönes und edles
Stück Musikinstrument in die Hand.
Robert Wittek
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